Wohnraum schaffen – Quartiere lebenswert gestalten

Ein Aufruf zur städtebaulichen Verantwortung und kommunalen Entschlossenheit
Deutschland steckt in einer tiefgreifenden Wohnungskrise. Auch Pforzheim spürt die Auswirkungen dieser strukturellen Schieflage unmittelbar: Die Mieten steigen, während das Angebot stagniert – bezahlbarer Wohnraum wird zur Mangelware. Die Antwort der Bundespolitik lautet allzu oft: Regulierung des Mangels, statt dessen Ursachen zu beheben. Die Mietpreisbremse mag kurzfristig entlasten, doch langfristig hemmt sie Investitionen und schafft keinen neuen Wohnraum. Es ist Zeit, umzudenken – und entschlossen zu handeln.
Wohnungsbau muss wieder kommunale Priorität werden – nicht durch Kontrolle, sondern durch Gestaltung.
Pforzheim verfügt über gewaltige Potenziale: Ungenutzte Dachstühle, unterentwickelte Baulücken, innerstädtische Transformationsflächen und die Chance, durch strategische Planung neue Quartiere zu definieren. Dabei geht es nicht nur um Quantität, sondern um Lebensqualität. Wohnraum ist mehr als ein Dach über dem Kopf – er ist Teil des urbanen Miteinanders, des sozialen Gefüges, der Identität einer Stadt.
Zwei Projekte stehen exemplarisch für eine neue kommunale Wohnbaukultur:
 - Das Emma-Jaeger-Areal , einst städtebauliches Niemandsland, könnte zu einem Impulsgeber neuer Urbanität werden. Kombiniert mit einem innerstädtischen Schwimmbad, Gastronomie, Wellness und Läden entsteht hier mehr als ein Wohnkomplex – es entsteht ein lebendiger, durchgrünter Stadtbaustein mit 340 bis 360 neuen, zentrumsnahen Wohnungen.
 - Die Alte Papierfabrik in Dillweißenstein soll als urbane Mikrostadt neu erblühen: loftartige Wohnformen, vertikale Gärten, Seerosenteiche, Fassadenbegrünung – ein Quartier, das Nachhaltigkeit, Lebensqualität und gestalterischen Anspruch vereint.
Diese Projekte sind Visionen, aber sie sind auch realisierbar. Sie zeigen, was möglich ist, wenn Kommune, Planer, Investoren und Bürger zusammenarbeiten. Erfolgreiche Beispiele aus Städten wie Freiburg (Vauban), Tübingen (Französisches Viertel) oder Heidelberg (Bahnstadt) belegen, dass mutige Quartiersentwicklungen realisierbar und gesellschaftlich hochwirksam sind – sofern der politische Wille vorhanden ist.
Pforzheim braucht diesen Willen.
Dazu gehört auch, Abriss nicht als Makel, sondern als Chance zu begreifen. Wer neu denken will, muss sich trauen, alte Strukturen zu hinterfragen. Die Umnutzung von Industriearealen, die Aktivierung kommunaler Flächenreserven, das Schaffen neuer Bebauungspläne und die Ermöglichung genossenschaftlicher Projekte wie im Fall des Alten Schlachthofs – all das sind Schlüssel zu einer neuen Wohnraumoffensive.
Wir dürfen den Mut für unsere Stadt nicht verlieren.
Jetzt ist der Moment, in dem die Stadt nicht nur Genehmigungsbehörde, sondern aktiver Ermöglicher sein muss. Bürokratieabbau, planerische Kreativität, verlässliche Partnerschaften mit Investoren, Architekten und Bürgerinitiativen – das ist der Weg. Kommunen wie Ulm oder Leipzig machen es vor: durch digitale Bauantragsverfahren, schnelle Bebauungsplanverfahren, aktive Flächenpolitik und gezielte Förderung von Baugruppen und Genossenschaften.
Was es braucht, ist ein konzertiertes Zusammenspiel:
 - Die Stadt als Moderatorin und Möglichmacherin.
 - Die Wohnungswirtschaft als Innovationsmotor.
 - Die Bürgerschaft als Ideengeberin und Mitgestalterin.
Nur gemeinsam lässt sich das Ziel erreichen: Wohnraum schaffen und Quartiere lebenswert gestalten.
Pforzheim hat alle Voraussetzungen – aber es braucht jetzt mutige Entscheidungen, visionäre Köpfe und eine Stadtverwaltung, die den Wandel nicht verwaltet, sondern gestaltet.
Konkretes Potenzial – als greifbare Perspektive
Auf Grundlage der skizzierten Entwicklungsvisionen kann Pforzheim mittelfristig mit der Schaffung von rund 800 neuen Wohneinheiten rechnen – allein durch die gezielte Entwicklung urbaner Schlüsselareale wie dem Emma-Jaeger-Areal und der Alten Papierfabrik Dillweißenstein sowie durch punktuelle Flächenaktivierungen im Bestand.
Dabei sind die zusätzlichen Potenziale durch Nachverdichtung – etwa durch den Ausbau bestehender Dachstühle – noch nicht eingerechnet.
Gerade hier kann durch eine gezielte städtische Initiative mit Beratung, Fördermodellen und Entbürokratisierung schnell zusätzlicher Wohnraum entstehen, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Ein oft übersehener, aber zentraler Aspekt ist auch:
Diese Maßnahmen stärken unmittelbar das regionale Handwerk und die Bauwirtschaft.
Ob Zimmereien, Elektriker, Installationsbetriebe oder Planungsbüros – die kleinteiligen, aber zahlreichen baulichen Aktivitäten in den Quartieren schaffen dauerhafte Aufträge und sichern so wertvolle Arbeitsplätze vor Ort. Die Stadt kann so nicht nur zum Wohnraummotor, sondern auch zum Impulsgeber für die lokale Wertschöpfung werden.
Wohnraumschaffung muss kein Jahrzehnteprojekt sein.
Mit klarer kommunaler Strategie, einer neuen Genehmigungskultur und dem Mut, urbane Räume neu zu denken, kann Pforzheim den Wandel aktiv gestalten.

bezahlbar, vielfältig, handwerksnah, lebenswert.